Am Ende des 15. Jahrhunderts entdeckten die Europäer die "Neue Welt". Sie dehnten ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss nach Amerika und Asien aus. Die Kirche nutzte diese Chance, um ihrerseits Missionare zu entsenden und die Menschen in Übersee zu christianisieren. So entstand eine strategische Partnerschaft von politischer Macht und Christentum. 

Die Folge: die Kirche profitierte einerseits vom Schutz der europäischen Länder, andererseits machte sie sich mit schuldig an den Verbrechen und der Ausbeutung der nichtwestlichen Bevölkerung. Warum? Weil die Kirche es nicht in überzeugender Weise geschafft hat, sich von den imperialistischen Machenschaften der westlichen Regierungen abzusetzen. Unterdrückung, Sklaverei und wirtschaftliche Ausbeutung waren die Folgen. Sicherlich gab es unter den Missionaren schon damals Ausnahmen, die das Gebaren der Europäer kritisiert haben. Doch sie konnten es nicht verhindern, dass die Mission in Misskredit kam und einen zweifelhaften Ruf erhielt. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Lateinamerikaner z.B. die westliche Mission als "die religiöse Abteilung des westlichen Imperialismus" ansehen.
Christliche Mission war im 19. Jahrhundert "ein Renner". Missionare galten als mutige Leute, als Abenteurer und Forscher, die im "Jahrhundert der Pioniere" Neuland betraten und Europas Zivilisation und Religion bis in die letzten Winkel der Erde trugen. Dieses Bild hat sich nach den beiden Weltkriegen und der Zeit der politischen Revolutionen in den 1960er Jahren gewaltig geändert. Missionare mussten ihre Gastländer verlassen und ihre Zusammenarbeit mit den "jungen Kirchen" der Zwei-Drittel-Welt neu definieren. Die Folgen ... die christliche Mission gerät in eine Krise. 
Mission wird kritisiert. Mission muss sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, sie zerstöre die Kultur nichtwestlicher Völker. Zwar werden diese Vorwürfe oft plakativ und ideologisch gefärbt vorgetragen, doch die Kritik ist teilweise ja auch berechtigt. Allerdings gibt es auch säkulare Historiker, die die Missionsgeschichte und die Begegnung des westlichen Christentums mit den Kulturen in Amerika, Asien und Afrika zu würdigen wissen. Die interkulturelle Begegnung hat auch Positives bewirkt. 

Dennoch - westliche Missionare haben zuweilen wie Elefanten den Porzellanladen fremder Kulturen betreten und mit ihrer westlichen Überheblichkeit ziemlich viel Schaden angerichtet. Die christliche Kirche hat - aus der Perspektive der Zwei-Drittel-Welt - nie ganz den Verdacht entkräften können, "strategischer Komplize" westlicher Machtinteressen gewesen zu sein. Es musste dringend neu gedacht werden: Abschied nehmen davon, dass Mission von der Kirche ausgeht hin zu einem Ansatz, wo Gott selber Ausgangspunkt, Autorität und Ziel der Mission ist. 
Mission ist heute längst nicht mehr gleichzusetzen mit einem "zivilisatorischen Mandat" der Kirche, die westliche Kultur exportiert und ein Projekt nach dem anderen verwirklicht - seien es konfessionell gefärbte Gemeindegründungen oder sozialdiakonische und bildungspolitische Projekte. In der heutigen missionswissenschaftlichen Ausbildung hat die Kulturanthropologie ihren festen Platz. Somit bleibt zu hoffen, dass die heutige Generation der Missionare gut vorbereitet ist für einen angemessenen und sensibilen Umgang mit fremden Kulturen. Auch steht die Mission heute weniger in der Gefahr, sich von Politik und Wirtschaft instrumentalisieren zu lassen.

Was bleibt?
Trotz aller Kritik hat die christliche Mission nach wie vor ihre Berechtigung. Die Menschen in unserer Welt sollen Gott kennen lernen.Die Liebe Gottes zur Welt ist ungebrochen. Mission geht auf Gott selbst zurück - deshalb können wir uns dem missionarischen Mandat nicht entziehen, auch wenn in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden. Allerdings müssen wir aus diesen Fehlern lernen, damit die Herrschaft Gottes und nicht menschliche Machtansprüche im Vordergrund stehen.

Mission ist alternativlos wichtig - weil Mission Gottes Charakter entspricht und sie von ihm ausgeht.